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Historischer Tag für Gehörlose in Hamburg - Ausschusssitzung am 16.07.2025

Hallo liebe Gehörlosengemeinschaft in Hamburg,

 

ich möchte hier für die Gehörlosen - insbesondere diejenigen in Hamburg - berichten. Es hat ein historischer Tag für Hamburg stattgefunden, der auch ein Signal für andere Landesverbände sein kann, deutschlandweit aktiv zu werden.

 

In der Bürgerschaft im Hamburger Rathaus kamen ca. 30 Gehörlose zusammen, die oben auf der Zuschauertribüne Platz genommen hatten, um bei einer verdolmetschten Anhörung dabei sein zu können. Denn der 16. Juli 2025 war ein historischer Tag für Gehörlose.

 

Die Vorgeschichte zu dieser Sitzung ist, dass Christian Ebmeyer, Simon Kollien und ich uns zuerst mit Frau Regina Jäck (SPD) in Kontakt gesetzt und einen Antrag vorbereitet hatten, um ihn dann im Parlament einreichen zu können. Christian Ebmeyer hatte auch mit Frau Kathrin Warnecke (DIE GRÜNEN) diesbezüglich Gespräche geführt, die sich ebenfalls diesem Antrag angeschlossen hatte. Später haben sich auch die CDU und DIE LINKE, diesem Antrag angeschlossen und noch ein paar kleine Änderungen vorgenommen. Gemeinsam wurde der Antrag diskutiert, angepasst und die Forderungen formuliert, sodass diese 4 Parteien den Antrag beim Parlament einreichen konnten. Außerdem gab es noch einen separaten Antrag der AFD, der allerdings nur einen kleinen Teil unseres Antrags unterstützt hat.

 

Die Sitzung begann um 15:30 Uhr. Zunächst hatte Regina Jäck (SPD) das Wort. Sie hat sich formell im Namen der SPD für das zu Unrecht erlittene Leid, das Gehörlose in Bildungseinrichtungen erlebt haben, entschuldigt. Danach stellte sie die Forderungen aus dem Antrag vor. Ihr folgten DIE GRÜNEN und die CDU, die dem Beispiel der SPD folgten und sich ebenfalls offiziell entschuldigten und die Forderungen des Antrags darlegten. Herr Grutzeck (CDU) hat sich außerdem bei der damaligen Hamburger Vorsitzenden von DIE LINKE, Frau Cansu Özdemir (jetzt Mitglied des Deutschen Bundestages), bedankt, dass sie diesen Antrag im Sozialausschuss angestoßen hat. Im engen Kontakt mit Christian Ebmeyer hatte Frau Özdemir den Stein ins Rollen gebracht, bevor sie nach der Bundestagswahl nach Berlin gegangen ist. Natürlich sind die SPD und DIE GRÜNEN auch als Unterstützer zu nennen, die diese Idee weiter verfolgt haben. Auch Herr David Stoop von DIE LINKE entschuldigte sich, wie seine Vorredner, und trug entsprechende Forderungen vor. Als letztes äußerte sich die AFD, die ebenfalls eine Entschuldigung aussprach, aber Entschädigungszahlungen ablehnt. 

 

Als die Sozialsenatorin, Frau Melanie Schlotzhauer, zu Wort kam, sprach sie ebenfalls eine formelle Entschuldigung aus und kündigte an, eine wissenschaftliche Aufarbeitung in Zusammenarbeit mit dem Gehörlosenverband Hamburg anzustoßen. In Bezug auf die Entschädigungszahlungen muss geschaut werden, wie diese umgesetzt werden können. Dafür müsste auf Bundesebene verhandelt werden. 

 

Allen anwesenden Gehörlosen gingen diese formellen Entschuldigungen sehr nahe. Endlich wurden sie ausgesprochen und ich glaube, das ist in der Geschichte sehr selten vorgekommen - ausgenommen die Entschuldigungen gegenüber Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Eine wirklich ernstgemeinte formelle Entschuldigung ist natürlich sehr wichtig und bedeutsam für uns.

Als nächstes müssen wir mit der Aufarbeitung beginnen und schauen, wie  Entschädigungszahlungen möglich gemacht werden können. Hamburg allein kann das nicht bewerkstelligen, es muss dafür auch ein Austausch auf Bundesebene stattfinden. Das jetzt zu erklären ist noch zu früh, aber ich hoffe es zu einem späteren Zeitpunkt noch tun zu können.

 

Mir ist es wichtig, Christian Ebmeyer für sein Engagement zu danken. Und dass er hier in Hamburg mit dem Verband und Simon Kollien im Austausch war und uns auch weiterhin in Hamburg erhalten bleibt. Wir haben einen großen Schritt geschafft, weitere werden folgen. Ein großer Dank gilt ihm!

Für die Aufarbeitung und Forschung muss noch geschaut werden, wer daran beteiligt wird. Vermutlich das IDGS (Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser) und/ oder die Hörgeschädigtenpädagogik (mit Barbara Hänel-Faulhaber). Besonders wichtig ist jedoch, dass taube Expert*innen, denen diese Thematik bestens bekannt ist, auch an der Aufarbeitung maßgeblich beteiligt werden.

 

Und als letztes möchte ich betonen, dass die Entschädigung nur kommen kann, wenn auch andere Bundesländer aktiv werden. Die Entwicklungen und Erfolge in Hamburg sind hoffentlich Motivation genug, sich ebenfalls in die Auseinandersetzung zu begeben. Diese Wiedergutmachungen in Form einer Opferentschädigung sollen ja nicht nur Hamburg zugutekommen, sondern allen gehörlosen Betroffenen in ganz Deutschland. Wenn wir solidarisch sind, dann wird der Bund am Ende die Entschädigungen finanzieren müssen. 

 

Vielen Dank fürs Zuschauen. 

 

Tschüss